Das Büro daheim – gutes Arbeitsklima oder Einsamkeit?

1

Gemütliche Lesezeit ca. 9 Minuten.

Viele träumen vom Arbeiten von zu Hause, aber diese Option bringt neben vieler Vorteile auch einige Tücken mit sich. Unsere beiden Home Office – Redakteure Nina Cermak und Alex Kords haben ihre ganz persönliche Sicht zum Arbeiten von daheim für Euch zusammengetragen.

PRO

Kurze Anfahrt und gutes Arbeitsklima – im Büro daheim

Zuhause arbeiten kann eine schöne Erfahrung sein, die deine berufliche Situation erleichtert. Dein Alltag wird dadurch ruhiger, du selbst gelassener und deine Arbeit befriedigender. Zumindest ist das bei mir so, nachdem ich eine Lösung für ein paar Herausforderungen gefunden habe.

Ich wollte arbeiten und mich gleichzeitig so wohl fühlen wie zuhause. Jedes Mal, wenn ich im Stau stand oder die Bahn Verspätung hatte, malte ich mir aus, wie es wäre, wenn ich daheim arbeiten könnte. Das sogenannte HomeOffice stellte für mich eine verlockende Alternative zu meinem langen Arbeitsweg und dem Lärmpegel im Großraumbüro dar. Gegen Ende meiner Karenzzeit wurde mein Wunsch zur Wirklichkeit – ich durfte meine Tätigkeit weitestgehend von zuhause aus umsetzen. Um ins Büro zu gehen, muss ich heute nicht einmal mehr das Haus verlassen. Dies erscheint mir immer noch überaus reizvoll, führt in der Praxis aber dazu, dass ich mich selbst motivieren muss, um pünktlich mit meiner Arbeit fertig zu sein. Allerdings fällt es mir glücklicherweise meist nicht schwer, diese Motivation zu finden. Ich mag meine Arbeit, das Schreiben, nämlich sehr. Wenn ich in der Situation bin, dass ich zu einem Thema schreiben muss, welches mir weniger liegt, belohne ich mich nach erledigter Arbeit mit einem Stück Schokolade, einem langen Spaziergang oder einer Runde Yoga.

Arbeitsplatz zuhause integrieren

Früher war mein Zuhause ausschließlich der Ort, an dem ich mich entspannen konnte. Nach einem langen Tag ließ ich mich gemütlich vor dem Fernseher nieder oder kochte mir mein Lieblingsgericht. Daheim ging mein Körper fast schon von selbst in den Entspannungsmodus über. Deshalb fiel es mir, als ich anfing zuhause zu arbeiten, manchmal schwer, in die nötige Kraft zu kommen, um den Arbeitsalltag samt seiner Komplexitäten zu bewältigen. Aus diesem Grund schuf ich mir in einem leerstehenden Raum unseres Hauses einen hübschen Arbeitsplatz – mit verschließbarer Tür und mit so vielen Grünpflanzen, wie es für mich passte.

Dukannst für dich selbst entscheiden, wie klar die Abtrennung zu den übrigen Wohnräumlichkeiten sein soll oder sein muss. Vielleicht reicht für dich eine große Topfpflanze oder ein Paravent als Sichtschutz. Möglicherweise genügt es dir, eine Ecke des Schlaf- oder Wohnzimmers als Arbeitsplatz für dich zu haben. Für mich ist es wichtig, dass mein Büro daheim ein eigenes Arbeitszimmer ist. Und obwohl ich als Mutter eines Kleinkindes keinen geregelten Arbeitsalltag habe, achte ich trotzdem darauf, einigermaßen regelmäßig zu arbeiten. Ich setze mich dann an den Computer, wenn mein Kleiner schläft. Aus dieser „Routine“ heraus, fällt es mir leichter, meine Abgabetermine auch wirklich einzuhalten.

Sozialer Austausch

Werzuhause arbeitet, hat weniger Kontakt zu den Kollegen und ist auch weniger in die allgemeinen Geschehnisse in der Firma eingebunden. Ich lasse mich durch einen regen Email-Verkehr mit meinen netten Kollegen auf dem Laufenden halten oder plaudere mit ihnen über Skype.

Ein weiterer Vorteil beim Arbeiten von zuhause ist,dass ich nicht den Schein wahrenmuss. Wenn im Moment die Luft bei mir raus ist, kann ich zumindest eine kurze Runde im Garten drehen, um wieder neue Energie zu sammeln und mit geballter Kreativität durchzustarten. So eine kleine Pause zur richtigen Zeit hat bei mir schon so manchen Arbeitstag gerettet.

 

Autorin: Nina Cermak

CONTRA

Einsamkeit, Mitternachtsarbeit und jede Menge Ablenkungen

Es ist 8:30 Uhr in der Früh. Heute muss ich mit diesem Text hier fertig sein, und in zwei Stunden hab ich einen Termin. Auf geht’s also, ab ins Büro. Praktischerweise ist mein Weg dahin nicht lang, nur ein paar Schritte. Vorbei an Küche, Bade- und Schlafzimmer, und schon bin ich da: im Home Office. Drinnen sind weder laut telefonierende Kollegen noch ein willkürlicher Chef, der mich zu Überstunden zwingt. Dafür aber jede Menge Ablenkungen und andere Sorgen.

Nur den einen Artikel

Der Computer fährt hoch, und ich gehe schnell in die Küche, um mir einen Kaffee zu kochen. Während die Kaffeemaschine blubbert und brodelt, blättere ich ein paar alte Magazine durch, die ich auf dem Küchentisch liegenlassen habe. Wenig später kehre ich zum Schreibtisch zurück, eine volle Tasse in der einen Hand, eine der Zeitschriften in der anderen. Ich nehme mir vor, nur einen Artikel zu lesen, doch als ich das Magazin wieder aus der Hand lege, ist mein Kaffee längst leer. Es ist kurz nach 9 Uhr.

So schnell wie möglich

Gleichzeitig öffne ich Schreib- und Mailprogramm. Mit einer Reihe von Geräuschen werden die eingegangenen Nachrichten geladen, die meisten von ihnen sind als „wichtig“ markiert. Ich überfliege Absender und Betreffzeilen der Mails – und prompt füllt sich meine Aufgabenliste von ganz alleine: Eine Redaktion will einen Themenvorschlag von mir ausformuliert haben („asap“), eine andere braucht die überarbeitete Fassung eines Textes („heute noch?“), eine dritte fragt, ob ich schnell einen Artikel schreiben kann – am besten bis morgen, soll ja auch online sein, bevor die anderen das Thema bringen. Mein Kopf droht zu explodieren ob so vieler Zahlen, Daten, Fakten, und ich beschließe, erst mal Wäsche zu waschen.

Die Kollegen fehlen doch

Mit der brummenden Waschmaschine im Hintergrund nehme ich wieder am Schreibtisch Platz. Es ist 9:30 Uhr, nur noch eine Stunde bis zum Termin. Das leere Textdokument starrt mich an, ich starre zurück. Früher, im Büro, habe ich in solchen Momenten die Kollegin neben mir gefragt, ob sie eine gute Idee hat, wie man den Text anfangen kann. Jetzt sitzt niemand neben mir, und ich denke nach, während der Sekundenzeiger eine Runde nach der anderen dreht. Dann steht Satz Nummer eins da, Satz Nummer zwei gesellt sich dazu, und ich bin zufrieden mit mir. Ich denke doch, dass ich mir etwas Zerstreuung verdient habe, oder?!? Aber es stehen nicht, wie früher, ein paar Kollegen bereit und versorgen mich bei einer Tasse Kaffee mit Klatsch und Tratsch. Denn Kollegen habe ich keine mehr – oder besser gesagt: Sie sind auf ihre eigenen Heimbüros verteilt. Zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit fühle ich mich an meinem Schreibtisch alleingelassen.

Berufliches und Privates nicht getrennt

Also schreibe ich wieder am Text. Fast bin ich am Ende, der Gedanke für einen guten Schluss liegt schon in meinem Kopf bereit – da klingelt es an der Tür. Es sind die Zeugen Jehovas. Ich bin religionstechnisch gut versorgt, also wimmle ich sie ab – so wie sie meinen Gedanken abgewimmelt haben. Nachdenken und starren, 10:20 Uhr, die Waschmaschine piepst, das Mailprogramm plingt, mein Handy erinnert mich, dass mein Termin näher rückt. Ich kann mich nicht mehr konzentrieren und beschließe, später weiterzumachen – in der Nacht, wenn Frau und Kind längst im Bett sind. Oder am Wochenende. Ob das ein guter Tausch gegen die festen Arbeitszeiten im Büro war?

 

Autor: Alex Kords

 

Welche Tipps habt ihr für das Arbeiten zu Hause?

 

Illustration: Fotolia

Eine Wortmeldung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.