Perversitäten aus dem Leben einer österreichischen Start-uplerin

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Gemütliche Lesezeit ca. 5 Minuten.

Da ich mich mitten im Start-up-Aufbau befinde, und kürzlich damit begonnen habe eine österreichische Youbeee-Zweigniederlassung zu gründen, habe ich die wichtigsten „Lern-Übungen“ für jene unter euch zusammengetragen, die eventuell mit dem Gedanken spielen in Österreich ein Unternehmen zu gründen:

1. Lerne-dich-zu-unterwerfen-Übung: Wenn du mal MA2412 live erleben möchtest, mach die Firmenbucheintragung unbedingt selbst (und zahle keine „läppischen“ EUR 2.000,- für einen Notar, um sie für dich erledigen zu lassen), denn ein Kabarett-Auftritt − indem du übrigens selbst mitspielen darfst − ist dir garantiert! Nämlich nicht nur dann, wenn du zur Beamtin kommst, die bereits seit 42 Jahren ihren Dienst vor Ort versieht und dich mit den Worten „Wos wollts denn ihr jetzt von mir?“ begrüßt, so dass du dich wie ein kleines Kind fühlst. Sondern auch, wenn du danach deine Unterlagen in die „Einlaufstelle“ bringst und einem illustren Nachmittagstratsch der Einlaufstellen-Mitarbeiter lauschen darfst, und dem dritten Herrn von links dabei zusehen kannst, wie er Scheibe um Scheibe von seiner Salami trennt und sie sich genüsslich in den Mund steckt. Noch ergänzenswert ist, dass du beim Betreten der Einlaufstelle weder Begrüßung noch Blickkontakt erwarten darfst…, das aber nur so nebenbei erwähnt.

2. Denk-Verquer-Übung: Unterhalte unbedingt bereits vor der Gründung „ein funktionstüchtiges Unternehmen mit Geschäftsschild“! Was bedeutet, dass du bereits vor der Gründung deines Unternehmens nachweisen musst über ein entsprechendes Büro mit Infrastruktur als auch über ein gut sichtbar angebrachtes Firmenschild zu verfügen. Sprich, du musst nachweisen, dass du bereits ein „funktionsfähiges Unternehmen“ betreibst. Hat sich nun eine Blase mit Fragezeichen über deinem Kopf gebildet, entspann dich wieder, denn auch in Österreich wird nicht so heiß gegessen wie gekocht! Und vielleicht gilt diese etwas abnormale Regel auch nur für die Gründung einer Niederlassung. Aber ich wollte es einfach erwähnen, damit du nicht zu überrascht bist, falls das auch von dir verlangt wird! Und mal ganz ehrlich, was ist schon normal?

3. Bitte Warten-Übung: Bitte wundere dich nicht, wenn du nach Abgabe und einer Wartezeit von etwa drei Wochen (gut, es war Weihnachten dazwischen) eine Aufforderung zum Nachreichen weiterer Unterlagen erhältst, obwohl du im Vorfeld alle Checklisten und WKO (Wirtschaftskammer Österreich – ja, hier herrscht das Kammersystem)-Broschuren durchgeackert hast und sogar persönlich bei einem WKO-Mitarbeiter vorbeigegangen bist, um wirklich alle notwendigen Unterlagen für die Firmenbucheintragung parat zu haben.

4. Geduldsübung: Bitte bitte bleibe unbedingt geduldig, wenn du einen Beschluss erhältst, der Unklarheiten aufwirft, und du nochmals telefonisch nachfragen musst, und nur auf einen Anrufbeantworter stößt, der dir mitteilt, dass die Sprechstunden zweimal wöchentlich jeweils von 9Uhr30 bis 12Uhr stattfinden, sofern keine anderen Termine dazwischen flutschen. Und sei auch weiterhin geduldig, wenn du versuchst, von einem anderen Mitarbeiter zu deinem Fall Auskunft zu begehren. Du wirst keine erhalten. Aber soviel schon vorweg: Alles wird gut! Am besten gehst du bei offenen Fragen oder Unklarheiten persönlich vorbei. Mach davor eine kurze Meditation oder stell dich unter eine „Sterndusche“, die dich zum erleuchten bringt. Gehe dann vollgepackt mit Liebe zur Sprechstunde. Wirst sehen, alles erledigt sich in wenigen Minuten wie von selbst und deine Bedenken, Ängste und Unsicherheiten sind wie weggeblasen. Ich hab’s ausprobiert!!!

5. Im Hier&Jetzt Sein-Übung: Ach ja, nimm dir vieieieieieieieiel Zeit für deinen Amtsweg. Die Wartezeiten auf den Behördengängen eignen sich wunderbar, das Treiben vor Ort zu beobachten oder einfach im Moment – ganz im Hier&Jetzt – zu sein. Denn hier geht’s entschleunigt zu; kein Stress, kein Trubel, nichts. Allenfalls siehst du vorbeiziehende Putzfrauen, die sich im Zeitlupen-Tempo ihre Gummihandschuhe überstreifen, bevor sie sich zum Kloputz aufmachen, oder Mitarbeiter, die mit gesenktem Kopf ihr Kaffee-Häferl in aller Gemächlichkeit von einem Zimmer zum anderen Zimmer tragen. Sonst tut sich nicht viel. Ein wunderbarer Ort also, um seiner Achtsamkeits-Praxis nachzugehen. Vielleicht etwa mit dieser App?

2 Wortmeldungen

  1. rolf hümbeli

    Mutig, mutig!
    Frage, sollte die Abschnitt-Nummerierung nicht 1.2.3.4.5 Sein?

    liebe Grüsse Rolf

    Antworten

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