„Ich bin jetzt viel dankbarer“ – Reise-Auszeit statt Fußballkarriere

1

Gemütliche Lesezeit ca. 8 Minuten.

Peter Alexander Hackmair hat mit nur 25 Jahren seine erfolgversprechende Karriere als Fußballer an den Nagel gehängt, ist Buchautor geworden und hat mit seiner Frau eine 15-monatige Reise-Auszeit gemacht. Im Gespräch erzählt er davon.

Peter, wie kam es, dass du schon mit 25 Jahren deine Fußballerkarriere beendet hast?

Ich habe mit 18 Jahren meinen ersten Profivertrag unterschrieben, und bis ich 20, 21 war, ging es nur bergauf für mich. Dann kam meine erste schwere Verletzung, ein Kreuzbandriss – und da ist dann plötzlich eine Welt zusammengebrochen. Das hat mich in einer Phase erwischt, als ich dachte, dass mich niemand aufhalten kann. Das war auch ganz kurz vor der Heim-Europameisterschaft 2008, für die ich im erweiterten Kader der österreichischen Nationalmannschaft stand. Innerhalb kürzester Zeit ging es immer wieder auf und ab: Ich hab ein halbes, Dreivierteljahr gespielt, und dann hatte ich die nächste schwere Verletzung. Insgesamt hatte ich drei Kreuzbandrisse. In den Phasen habe ich gemerkt, dass Fußball nicht alles ist, und habe über den Tellerrand hinausgeblickt. Und dann habe ich beschlossen, mit dem Profisport aufzuhören.

Wie sahen deine „Blicke über den Tellerrand“ aus?

Ein wesentlicher Aspekt war, dass ich während meiner Verletzungspausen zum Einzelkämpfer geworden bin. Man ist ein Produkt seines Umfeldes, und wenn du jeden Tag stundenlang mit Fußballern zusammen bist, dann dreht sich deine ganze Welt um Fußball. Da gibt es dann bestimmende Themen – Geld, Luxus, Autos, Frauen. Als ich dann aus dem gewohnten Umfeld raus war, hatte ich Zeit für Menschen, die anders denken. Ich hab dann auch begonnen, Klavier zu spielen und zu malen, hab also neue Talente an mir entdeckt. Nach der zweiten Verletzung habe ich außerdem mit Schreiben begonnen, aber eher für mich, in Tagebuchform. Wenn mich ein Thema beschäftigt hat, habe ich meine Gedanken dazu niedergeschrieben. Das war der Startpunkt für meine Laufbahn als Autor.

Wie kamst du nach dem Ende deiner Karriere auf die Idee, eine Auszeit zu nehmen, um eine Weltreise zu machen?

Das war der Traum meiner Frau. Wir sind beide immer gerne gereist, aber aufgrund unserer Jobs war es nie möglich, mehr als zwei Wochen wegzufliegen. Und wir haben immer gesagt: Wenn es irgendwann mal geht, wollen wir länger weg. Und als ich dann mit dem Fußball aufgehört habe und meine Frau nicht mehr so glücklich mit ihrem Job war, haben wir beschlossen, dass der Zeitpunkt für eine längere Reise-Auszeit gekommen ist. Unter „länger“ habe ich damals aber ein bis zwei Monate verstanden. Meine Frau meinte aber: Wenn schon, dann eine richtige Weltreise für mindestens sechs Monate. Und dann ist ihr Traum auch zu meinem geworden. Noch während der Reise dachte ich, dass ich ja nach zwei Monaten wieder heimfliegen kann und Marie allein weiterreist. Aber nach zwei Monaten bin ich dann so richtig auf der Reise angekommen.

Peter Alexander Hackmair am Grand Canyon beim Träume verändern

Peter Alexander Hackmair am Grand Canyon © Marie Therese Hackmair

Wie ergab sich die Route?

Wir haben uns natürlich vor der Reise damit beschäftigt, wollten aber nicht per „Around the World“-Ticket fliegen. Das war uns zu unflexibel, weil wir einfach da sein wollten, wo es uns gerade passt. Wir haben dann immer Schritt für Schritt weitergeschaut. So eine Reise macht eben aus, dass man in den Tag hinein leben kann. Wir wollten uns da keine Daten oder Destinationen vorgeben lassen. Indien als erstes Ziel war aber von Anfang an klar, weil wir seit unserer Hochzeit am sozialen Projekt „ZUKI – Zukunft für Kinder“ beteiligt sind, das indische Kinder mit Patenschaften unterstützt. Und wir haben immer gesagt, dass wir das auch besuchen und die Kinder kennenlernen und nicht nur Geld spenden wollen. Das war also fix, genauso wie Australien und Neuseeland – und alles weitere haben wir spontan entschieden.

Wie viele Länder waren es am Ende?

Elf. Das sind gar nicht so viele für 15 Monate Reisen. Aber wir haben uns mit der Zeit immer mehr dahin entwickelt, dass wir sehr langsam reisen. Wir wollten lieber einen Ort besser kennenlernen, vor allem aber die Menschen – was sich auf der Reise als das Schönste herausstellte. Wir waren oft zwei bis drei Wochen in nur einer Stadt, sind also nicht von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten gehuscht, wie es Reisende oft machen.

Welches Ereignis auf der Auszeit-Reise blieb dir besonders in Erinnerung?

Gleich der Beginn war wunderschön, als wir das Sozialprojekt besucht haben. Einfach nur die Dankbarkeit in den leuchtenden Augen der Kinder zu sehen, zu wissen, dass sie noch vor ein paar Monaten auf der Straße waren und jetzt eine Chance auf Zukunft haben – das hat mich unwahrscheinlich bewegt. Und dann hatte ich noch einen extrem emotionalen Moment in Neuseeland. Wir sind dort mit einem Camper die beiden Inseln abgefahren und haben an einem See, wo sonst niemand war, zwei Abende verbracht. Das war die Phase, in der ich noch sehr viel verarbeitet habe, und da habe ich dann ganz intensiv begonnen, vom Fußball zu träumen. In dem Moment hatte ich das Gefühl, dass ich sofort wieder zurückfliegen und spielen muss. Und als ich mich bewusst damit auseinandergesetzt und auch mit meiner Frau lange darüber gesprochen habe, habe ich endlich loslassen können. Ich hatte geglaubt, dass ich das schon einige Monate vorher getan hatte, so war’s aber nicht.

Wie hat die Auszeit dein Leben verändert?

Ich bin jetzt viel dankbarer für das, was ich haben darf, wo ich aufwachsen durfte und für das Land, in dem ich leben darf. Die größte positive Eigenschaft, die ich entwickelt habe, war aber, dass ich viel offener geworden bin. Ich war teilweise sehr scheu gegenüber neuen Menschen, und mittlerweile gehe ich sehr offen auf fremde Menschen zu.

Da du ja kein Fußballer bist: Welchem Beruf gehst du heute nach?

Mein Geld verdiene ich derzeit als Autor, Vortragender und Fußballtrainer. In unserer Gesellschaft ist es aber doch so: Wenn man jemanden kennenlernt, fragt man immer: „Was machst du?“, oder – noch schlimmer: „Was bist du?“ Das assoziiert man dann ausschließlich mit dem Beruf. In erster Linie bin ich aber Mensch und kommuniziere mich sehr bewusst als Freigeist. Und das genieße ich auch so: Ich bin nicht mehr in einem Tunnel wie im Profifußball, sondern kann meine Freiheit voll ausleben.

Buchcover: "Frei Gereist" - Reise-Auszeit statt Fußballkarriere, Peter Alexander Hackmair

Buchcover „Frei Gereist“ von Peter Alexander Hackmair

 

In Peters Buch „Freigereist“, das übrigens von seiner Frau wunderschön gelayoutet wurde, kannst du die Reise der beiden nachverfolgen. Bestellen kannst du es auf Peters Homepage pa-hackmair.at, den Preis bestimmst du selbst!

 

 

 

Titelbild „TED Talk mit Peter Alexander Hackmair“ © Chris Rawk

Eine Wortmeldung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.