Auszeit – so gelingt der Ausstieg aus dem Hamsterrad

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Endlich bis dato ungelebte Träume wie eine Weltreise verwirklichen. Mehr Zeit für persönlich Wichtiges wie Familie, Natur oder Spiritualität haben. Oder einmal für längere Zeit nach dem eigenen Rhythmus leben. Die Motive für eine freiwillige berufliche Auszeit sind vielfältig, und immer mehr Menschen wollen diese Sehnsüchte nicht länger unterdrücken.

Youbeee Expertenbeitrag

Gleichzeitig steigt die Burnoutrate in den letzten Jahren in astronomische Höhen. Deutlicher geht es kaum: Immer mehr Menschen merken, dass sie so nicht mehr arbeiten können und wollen. Eine Auszeit ist dann keine freiwillige Angelegenheit mehr, sondern ein Muss – damit die innere Kraftquelle wieder gefüllt wird und wieder aus ihr geschöpft werden kann, statt sich permanent zu erschöpfen.

Wie aber gelingt eine längere berufliche Auszeit, ob sie nun freiwillig oder notwendig ist? Und wie kann sie als positive Erfahrung zu nachhaltigen Veränderungen führen?

Auszeit – Organisation und Finanzen

Grundsätzlich gibt es keinen Anspruch auf eine längere berufliche Auszeit. Daher ist es unumgänglich, gemeinsam mit dem Arbeitgeber eine passende Regelung für beide Seiten zu finden. Es sei denn, man kündigt und macht sich so unabhängig. Grundsätzlich stehen mehrere Umsetzungsvarianten zur Verfügung: Sabbaticals, ein Ansparmodell, bei dem man einige Jahre auf einen Teil des Gehalts verzichtet und so für ein bezahltes Freijahr anspart. Bildungskarenz, bei der aber 20 Stunden pro Woche mit nachzuweisender Bildung verbracht werden muss. Darüber hinaus kann unbezahlter Urlaub genommen oder für eine kürzere Variante Urlaub zusammengelegt werden.

Ein Arbeitgeber wird sicher eher einer Auszeit zustimmen, wenn er die Chance sieht, dadurch einen motivierteren, erholten Mitarbeiter mit neuen Perspektiven zurückzubekommen. Außerdem wird er sein Ja eher geben, wenn leicht geklärt werden kann, wer in der Abwesenheit des Mitarbeiters dessen Arbeit übernimmt. Ist dies schwierig, wie häufig bei sehr spezifisch qualifizierten Mitarbeitern in kleinen Unternehmen, ist es möglicherweise sinnvoll, sich mit einer kürzeren Auszeit von ein paar Monaten zu begnügen. Eine kürzere Auszeit ist auch finanziell weniger herausfordernd, denn meist muss man ja mit weniger Geld auskommen. Die Länge der Auszeit sollte jedenfalls auch mit den finanziellen Möglichkeiten kompatibel sein, sonst kann unnötiger Stress durch finanziellen Druck entstehen.

Umgebung

Als Auszeitnehmer sollte man auch vorbereitet sein, dass einem Gegenwind entgegen bläst. Kollegen oder Freunde würden vielleicht selber gerne diesen Schritt wagen, trauen sich aber selbst nicht. Wenn die Umgebung also negativ auf den eigenen Wunsch reagiert, steckt häufig Neid dahinter. Oder auch Angst, häufig bei von Eltern oder anderer Menschen, die sich verantwortlich fühlen für den Auszeitnehmer. Die eigenen Motive zu erklären kann helfen, die Umgebung positiv zu stimmen.

Zeit und Kontakte während der Auszeit

Eine längere Auszeit ist eine große Veränderung. Plötzlich so viel Zeit zur Verfügung zu haben, muss oft erst gelernt werden. Ein halbes Jahr einfach nichts tun und alles nur kommen lassen, ist für viele eine zu große Herausforderung. Daher ist es hilfreich, sich gut zu überlegen, wie viel Struktur die Auszeit braucht und wie viel man verplanen möchte.

Täglich in die Arbeit zu gehen bedeutet auch, dass man laufend Kontakte mit Menschen hat. Diese selbstverständlichen Kontakte fallen weg. Man muss sich fragen: Mit wem werde ich regelmäßig Kontakt haben?

Auszeitnehmer sollten auch damit rechnen, dass sie sich möglicherweise ohne Arbeit nicht mehr „ganz“ fühlen. Für viele ist die Arbeit ein wesentlicher Bestandteil ihrer Identität. „Wer bin ich ohne Arbeit?“, ist eine Frage, auf die man eine Antwort finden muss.

Unberechenbarkeit des Lebens

Manchmal spült eine Auszeit bis dato Unbewusstes nach oben. So kann es passieren, dass jemand, der seinen Job mit Ablaufdatum gesehen hat, ihn plötzlich schätzen lernt und erkennt, dass nur ein paar Kleinigkeiten zu adaptieren wären. Genauso gut kann es aber auch vorkommen, dass man auf einmal nicht mehr in den Job zurück möchte, weil man eine ganz andere Berufung entdeckt hat.

Ende und Anfang

Wer etwa am Tag vor der Rückkehr an den Arbeitsplatz von einer 6-monatigen Asienreise zurückkehrt, verhindert durch den plötzlich wieder auf einen niederprasselnden Alltag die Chance auf eine nachhaltige Veränderung. Daher ist für einen dauerhaften Auszeit-Effekt unumgänglich, genügend Zeit für den Übergang von der Auszeit zurück in die Arbeit einzuplanen. Dazu gehört auch, das, was man in der Auszeit für sich als wohltuend entdeckt hat – ob Joggen, Freunde treffen oder sich gesund ernähren – auch im Arbeitsalltag umzusetzen. Denn was hilft der beste Auszeiteffekt, wenn man nach zwei Monaten schon wieder reif für die Insel ist?

Lesetipp und mehr zur Autorin

Mehr von der Autorin und Auszeit-Beraterin Christa Langheiter erfährst Du auf ihrer website www.mut-zur-auszeit.at.

Zum Thema Auszeit hat sie außerdem ein Buch geschrieben: Mut zur Auszeit

Titelbild

Shutterstock

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