Wie viel Geld braucht der Mensch?

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Claudine Birbaum geht der Frage nach, wie viel Geld der Mensch eigentlich braucht, um glücklich zu sein. Sind es Millionen Euros, ein paar Hunderttausend, oder nur gerade soviel, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten? Ein Selbstexperiment der Autorin, das darin endet, die freien Sommertage mit je drei Euro pro Tag und die Wintertage gar zum Nulltarif entspannt zu gestalten. Das ist möglich? Lies hier.

Youbeee Expertenbeitrag

Um diese Fragen beantworten zu können, stelle ich mir als erstes eine grundsätzliche Frage:

Was brauche ich wirklich, damit ich mich glücklich fühle?

Ist es ein Schrank voller Kleider, am besten von den einschlägig bekannten Modelabels? Ist es ein schnittiges Auto, das meine Nachbarn vor Neid erblassen lässt? Sind es Bankkonti, die vor lauter Geld überquellen und die Banker, die das Geld verwalten, in helle Freude versetzen? Sind es luxuriöse Ferien an ferngelegenen Destinationen, die mich noch lange danach in Erinnerungen schwelgen lassen, jedoch meinen ökologischen Fussabdruck bedenklich in die Höhe treiben?

Hier halte ich kurz inne: Wie verhält es sich eigentlich mit den materiellen Werten, die ich hier gerade aufgezählt habe? Bringen diese mir wirklich langfristige, innige Zufriedenheit? – falls ich dies überhaupt anstrebe.

Vielleicht ist es an der Zeit, sich den immateriellen Werten für das Zufriedensein zu widmen. Da wäre zum Beispiel ein sympathischer, attraktiver Partner, der uns zur ersehnten Zweisamkeit verhelfen könnte. Oder die tolle Familie, die wir mit ihm gründen. Das klingt irgendwie gut und ich finde, dass es mit diesen immateriellen Werten schon etwas auf sich hat – sofern ihr Erreichen nicht von anderen Menschen abhängig, was im besagten Fall aber so ist. Denn: nur wenn mein Partner, meine Kinder glücklich sind, bin es auch, oder? Da mir der Gedanke, das Glück an einen anderen Menschen zu knüpfen, nicht sehr sympathisch ist, beschliesse ich, weiterzusuchen.

So frage ich mich: Was kann ich alleine tun, um glücklich zu sein und meine Geldbörse gleichzeitig nicht belasten? Ich kann mich zum Beispiel gesund ernähren, damit ich tagtäglich voller Energie meine Arbeit anpacke. Ich kann mir jede Nacht genügend Schlaf – und im Idealfall noch ein paar Yogaübungen am Morgen – zugestehen, um den Herausforderungen des Alltags mit einer inneren Ruhe und Gelassenheit zu begegnen. Ich kann mir jeden Tag ein wenig Zeit für mich selbst einräumen, meine Seele baumeln lassen, einfach Nichts tun – oder etwas machen, das mir wirklich Spass bereitet und mich innerlich jubeln lässt, um mich danach erfüllt und wie neugeboren zu fühlen.

Erstaunt stelle ich fest, dass diese Sachen – mit Ausnahme der Lebensmittel – kein Geld kosten. Ich kann sie jeden Tag ausführen, so oft ich mag, unabhängig von anderen Menschen. Das einzige, was ich dazu benötige, ist Zeit. Zeit, um beim Öko-Bauern einzukaufen, Zeit, um mich in meiner Hängematte zu räkeln und den vorüberziehenden Wolken zuzuschauen. Zeit, um ohne schlechtes Gewissen früh ins Bett zu gehen.

Zufrieden gelange ich so wieder an den Ausgangspunkt meines Gedankengangs zurück: Wie viel Geld braucht ein Mensch, um glücklich zu sein? Meine Antwort: Praktisch keines – ausser demjenigen, das er für seinen alltäglichen Lebensunterhalt benötiget.

Glücklich ob dieser Erkenntnis räkle ich mich daraufhin in der Sonne und beobachte die anderen Leute, die sich neben mir in meiner Lieblingsbadi[1] am See sonnen. Diese liegt nur 10 Minuten von meiner Wohnung entfernt. Hier geniesse ich die Ruhe und den Frieden eines wunderbaren Sommertages – der mich höchsten drei Euro kostet. Und mit dem Wissen, dass ich im Winter die gleichen Gefühle mit einem langen Spaziergang im Wald oder am Seeufer erreichen kann –zum Nulltarif.

[1] Schweizerdeutsch für Lieblingsbad am See oder Fluss

Titelbild: „Trebgaster Badesee“ © markus spiske via fickr.com CC BY 2.0

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